Frankreich ist nicht nur das Land der Gourmets und Lebensfreude, der Nachbar ist auch Deutschlands wichtigster Handelspartner mit einem Binnenmarkt von rund 60 Millionen Konsumenten und ein Brückenkopf zu mehr als 100 Millionen Verbrauchern in den Nachbarländern. Trotz kultureller Annäherung bleiben Missverständnisse zwischen Teutonen und Galliern nicht aus. Vertragsverhandlungen platzen und angestrebte Fusionen scheitern, weil abseits von Kennzahlen und Bilanzen die Geschäftsgepflogenheiten des Partners häufig immer noch fremd sind.
Problem Nummer 1: Die Sprache
Das erste Hindernis beim Verhandeln mit französischen Geschäftspartnern ist die Sprache. Mag Englisch weltweit gültige Verhandlungssprache sein - in Frankreich ist sie es nicht. Immer noch sind die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich auf Englisch zu unterhalten, die Ausnahme. Französisch bleibt die Sprache für Business und Verhandlungen, mit viel Esprit Cartesien, Subtilités, Rigueur und Jeux de Mots. Wer zu wenig Französisch beherrscht, sollte deshalb bereits im Vorfeld der Verhandlungen Dolmetscher einschalten. Geht es bei den Verhandlungen ins Detail und gestaltet sich das Vertragswerk kompliziert, empfiehlt es sich immer, einen französischsprachigen Juristen hinzuziehen. Doch das Beharren der Franzosen, nur in ihrer Muttersprache Verträge festzuzurren, schwindet durch die Internationalisierung der Geschäftswelt langsam. Die nachrückende Managergeneration spricht zunehmend Englisch - selbst Deutsch ist im Business auf dem Vormarsch.
Höflichkeit, Stil und Esprit
Sehr wichtig sind Höflichkeitsfloskeln, gutes Benehmen, Tischmanieren, Respekt und galantes Auftreten. Aussehen, Kleidung und Benimm gelten ebenso wie das eigentliche Business. So sollte man auf weiße Socken und poppige Farben verzichten und sich sehr klassisch anziehen, in dunklen Farben und formell. Eleganz gehört zum Businessstil. Punkte sammeln deutsche Geschäftspartner aber stets, wenn sie Französisch beherrschen. Im Französischen gelten vor allem die Feinheiten, Doppeldeutungen und oft der Sens caché, die versteckte Botschaft der Diskurse. Oft können diese Feinheiten in der Sprache untergehen und es können Missverständnisse zwischen beiden Parteien auftreten. Der Teufel steckt - wie auch in anderen Sprachen - im Detail: Das französische "Concours" steht für Wettbewerb und nicht für Konkurs; der "Compromis" hat zwar dieselbe wörtliche Bedeutung wie der deutsche Kompromiss, wird aber negativ als Eingeständnis verstanden. Das "Concept" in Frankreich ist nicht mehr als eine vage Idee, nicht ein ausgearbeiteter Entwurf. Franzosen bezeichnen das Naturell deutscher Manager gern mit Begriffen wie nüchtern, kühl, trocken, direkt, wenig engagiert und ohne Esprit. In Frankreich zählt der bon Esprit, die Conversation und Verbindlichkeit. Seien Sie kommunikativ, gehen Sie auf ihren Gesprächspartner ein, erzählen Sie auch von sich. Der Stil in Frankreich ist mehr assoziativ als nüchtern, es wird kreativ und kommunikativ gearbeitet. Eleganz und Eloquenz in der Kommunikation, gepaart mit Enthusiasmus und einer stringenten Logik - Esprit cartésien - sind lieber gesehen als ein technokratisch-nüchterner Sprach- und Verhandlungsstil.
Regel 1: Attention aux Détails de la Hiérarchie
Der vertrauliche Umgang mit dem Geschäftspartner wird nur unter hierarchisch Gleichgestellten akzeptiert. Gegenüber einem ranghöheren Manager sollten Sie lieber etwas zurückhaltender als zu kumpelhaft agieren.
Regel 2: Ansprache mit dem Vornamen
Bei einer regelmäßigen Zusammenarbeit ist es üblich, dass sich die Gesprächspartner beim Vornamen nennen. Der Konvention ist Genüge getan, wenn dem Vornamen das "Sie" zugeordnet wird. Diese Kommunikationsform ist in Deutschland kaum noch üblich. Auf du ist man mit einem Franzosen tatsächlich erst, wenn das "Du" förmlich angeboten wird.
Regel 3: Toute Chose en son temps
Erwarten Sie nicht, dass es in Verhandlungen gleich zur Sache geht. Man lässt sich Zeit - und das gilt auch für die Pünktlichkeit. Eine halbe Stunde Karenz ist üblich. Sitzt man endlich gemeinsam am runden Tisch, stehen Zahlen und Bilanzen erst einmal hinten an. Französische Manager lieben Umwege, sie abstrahieren gern und werden erst nach einer intellektuellen Aufwärmphase wirklich konkret.
Regel 4: L'Esprit cartésien
Diese Methode steht ganz im Gegensatz zur deutschen und amerikanischen Vorgehensweise, wo gleich zu Beginn die relevanten Details abgeklärt werden. Die Franzosen indes versuchen zunächst einen philosophischen Ansatz zu finden, von dem sie dann das eigentliche Geschäft ableiten.
Regel 5: Vom Allgemeinen hin zu den Einzelheiten
Das Verhandlungsprozedere beginnt fast immer mit Diskussionen über generelle Probleme und möglichen Strategien. Zunächst einigt man sich über den Zweck des Geschäfts, anschließend über die anzuwendenden Grundsätze, dann über den groben Inhalt und schließlich über die Einzelheiten. Der französische Manager demonstriert dabei gern Sinn für Inspiration und Improvisation.
Regel 6: Sprunghafte Wesen
Es kann passieren, dass er ohne ersichtlichen Grund zwischen mehreren Themen hin- und herspringt. Dies sollte aber nicht als Zeichen missverstanden werden, dass er sich seiner Position nicht sicher ist und sie erst noch genauer definieren will. Es ist auch möglich, dass er taktisch vorgeht und versucht abzuklopfen, wie sattelfest Sie sind.
Regel 7: Nicht einlullen lassen
Lassen Sie sich nicht von Details ablenken, sondern konzentrieren sich auf die wesentlichen Punkte. "Wenn auch die harten Fakten zu Beginn kaum eine Rolle spielen, sollte man die entscheidenden Kennzahlen jederzeit parat haben", rät ein deutscher Vertriebsleiter, "die Franzosen können von einer Minute auf die andere von ethischen Grundsätzen zu Gewinnmargen und Rabatten springen. Hier ist höchste Aufmerksamkeit gefragt".
Regel 8: Unflexible Deutsche
Dass auch die französischen Geschäftspartner manchmal ihre liebe Not haben, dem deutschen Verhandlungsritual Verständnis entgegenzubringen, beschreibt ein französischer Marketingdirektor: "Die Deutschen sind häufig unflexibel und immer davon überzeugt, dass ihre Sichtweise die einzig richtige ist. Was ihn am meisten stört, ist aber das mangelnde Feingefühl für Konversation, die über die reine Inhalts- und Sachebene hinausgeht".
Regel 9: Corrigez la fortune
Die Neigung der französischen Manager zu abstrakten Gedankengängen spiegelt sich auch in der Verhandlungsrhetorik wider. Die freie Rede wird ihnen schon während ihrer Universitätsausbildung eingebimst und genießt bei jedem französischen Manager hohen Stellenwert. Er erwartet in diesem verbalen Duell auch Widerspruch.
Regel 10: Vive la Différence
Ziel ist es, in einem intellektuellen Diskurs die Probleme gemeinsam zu lösen. Dennoch wird er hartnäckig bei seiner Sicht der Dinge bleiben und keine Zugeständnisse eingehen, bevor Sie ihn nicht mit einer lupenreinen Logik von Ihren Argumenten überzeugt haben.
Regel 11: Cherchez le bon Mot
Im Gegensatz zum amerikanischen Geschäftspartner sind für den französischen Manager Rhetorik und Diskurs kein bloßes Instrument. Vielmehr dienen sie ihm zur Selbstdarstellung. Auch in Briefen - meist auf Französisch verfasst - gibt es Feinheiten.
Regel 12: Tout se dit entre les lignes
So enthalten französische Geschäftsdokumente häufig übertrieben anmutende Höflichkeitsformeln. Sie sind aber üblich, da sie der Tradition der französischen Schriftsprache entstammen. Ist der intellektuelle Diskurs der Verhandlung erfolgreich geführt, legt der französische Manager Wert auf einen schlüssigen Vertrag mit präzisen Definitionen.
Regel 13: Papier ist geduldig
Papierschlachten, charakteristisch für Verhandlungen mit Amerikanern, sind nicht zu befürchten. Im Gegensatz zu Amerikanern akzeptiert ein französischer Manager sogar Detailänderungen am Vertrag, wenn sich die Dinge weiterentwickeln.
Quelle: T-online business
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