Dr. Martina Hahn-Hübner: Wussten Sie, dass es Länder gibt, in denen Menschen vom Amts wegen später an Alzheimer erkranken als in anderen? Das klingt jetzt merkwürdig, denn wie kann es einen offiziellen Schutz vor einer Gehirnerkrankung geben? Aber tatsächlich leiden Menschen, die in der Schweiz oder zum Beispiel in Kanada leben, später an Alzheimer. Der Grund dafür: In diesen Ländern werden mehrere Sprachen gleichberechtigt nebeneinander gesprochen.
Forscher in Kanada hatten entdeckt, dass Menschen, die zwei- oder mehrsprachig aufwachsen, durchschnittlich fünf Jahre später erkranken. Daraufhin untersuchten sie über 200 Menschen. Rund 100 von ihnen sprachen zwei Sprachen fließend, galten damit als bilingual. Die anderen galten als einsprachig. Zudem flossen auch der Zeitpunkt der Alzheimer Diagnose sowie Bildung und Beruf in die Untersuchung ein.
Die Wissenschaftler entdeckten, dass sich der Krankheitsverlauf der bilingualen Menschen deutlich von den einsprachigen unterschied. Die bilingualen Menschen zeigten einen deutlich langsameren Krankheitsverlauf. Zudem zeigte sich, dass ihre Gehirne die Ausfälle besser kompensieren konnten.
Grund dafür, so die Forscher: Die Gehirne von Menschen, die mehrere Sprachen fließend sprechen, weisen andere Nervenverbindungen auf. So können sie die alzheimerbedingten Defizite besser ausgleichen.